Arbeitsverträge können auch durch tatsächliches Handeln der Vertragsparteien geschlossen werden

Arbeitsverträge können zustande kommen, wenn Arbeitnehmer ihre Arbeit tatsächlich aufnehmen und die Arbeitgeber die jeweilige Arbeit annehmen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber erklären dadurch nämlich konkludent Angebot und Annahme des Arbeitsvertrages. Ein tarifliches Schriftformgebot für den Abschluss eines Arbeitsvertrages führt in der Regel nicht zur Unwirksamkeit des durch tatsächliches Handeln zustande gekommenen Arbeitsvertrages.

LAG Schleswig-Holstein v. 7.8.2018 - 1 Sa 23/18

Der Arbeitgeber beschäftigte den Kläger als Ingenieur; der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelungen zu einer Änderung des Arbeitsorts. Nach einer Betriebsschließung bot der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an, seine Tätigkeit im "Homeoffice" zu verrichten. Nachdem der Arbeitnehmer hierzu nicht bereit war, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.
Das ArbG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Berufung des Arbeitgebers hatte vor dem LAG keinen Erfolg.
Die Kündigung ist unwirksam.
Der Arbeitnehmer war arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, die ihm angebotene Telearbeit zu verrichten. Der Arbeitgeber konnte dem Arbeitnehmer diese Tätigkeit nicht aufgrund seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) einseitig zuweisen. Denn die Umstände der Arbeit im Homeoffice unterscheiden sich in erheblicher Weise von einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zu verrichten sind. Dass Arbeitnehmer z.B. zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf an einer Homeoffice-Regelung interessiert sein können, führt nicht zu einer diesbezüglichen Erweiterung des Weisungsrechts des Arbeitgebers.