BAG 20.3.2018, 9 AZR 479/17
Der Kläger schloss mit dem Beklagten einen Berufsausbildungsvertrag über die Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Zeit vom 1.9.2011 bis zum 31.8.2014. Für den Beklagten unterzeichnete der Landrat den Vertrag. In der für das Ausbildungsverhältnis maßgeblichen Prüfungsordnung heißt es u.a., dass der Prüfungsausschuss im Anschluss an die letzte Prüfungsleistung das Gesamtergebnis der Prüfung feststellt und feststellt, ob die Prüfung bestanden ist.
Im Juni/Juli 2014 fand für den Kläger die Abschlussprüfung statt. Die Prüfungsergebnisse lagen im August 2014 vor. Da der Kläger in zwei Prüfungsbereichen mit mangelhaft bewertet wurde, legte er am 22.8.2014 erfolgreich die mündliche Ergänzungsprüfung gem. § 21 PO ab. Der Prüfungsausschussvorsitzende unterrichtete den Kläger noch am gleichen Tag über das Ergebnis und das Bestehen der Ergänzungsprüfung. Mit einem von der Ausbildungsleiterin C mit "im Auftrag" des Landrats unterzeichneten Schreiben vom 25.8.2014 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Abschlussprüfung am 22.8.2014 erfolgreich bestanden sei und die Ausbildung am 29.8.2014 mit der Zeugnisausgabe ende.
Der Kläger war vom 25. bis zum 29.8.2014 beim Beklagten tätig und erhielt für diese Zeit Ausbildungsvergütung. Die Parteien schlossen am 29.8.2014 einen sachgrundlosen befristeten Arbeitsvertrag bis zum 29.8.2015. Mit einem Verlängerungsvertrag vereinbarten sie ein Arbeitsverhältnis bis zum 29.8.2016. Der Kläger beantragte festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der vereinbarten Befristung zum 29.8.2016 beendet wurde. Das AG gab der Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten wies das LAG die Klage ab. Die dagegen gerichtete Revision hatte Erfolg.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung am 29.8.2016 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist unwirksam. Eine Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG ist gem. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Ein früheres Berufsausbildungsverhältnis unterfällt diesem Vorbeschäftigungsverbot nicht, denn es ist kein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG. Aber durch die Beschäftigung des Klägers vom 25. bis zum 29.8.2014 ist zwischen den Parteien nach § 24 BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden, das gem. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG der Zulässigkeit der sachgrundlosen Befristung entgegensteht.
Die Voraussetzungen des § 24 BBiG liegen vor. Das Berufsausbildungsverhältnis der Parteien endete am 22.8.2014, denn nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BBiG endet das Berufsausbildungsverhältnis vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Dies im Streitfall am 22.8.2014. An diesem Tag sind dem Kläger Ergebnis und Bestehen der Ergänzungsprüfung vom Prüfungsausschuss eröffnet worden. Der Beklagte hat den Kläger über diesen Tag hinaus i.S.d. § 24 BBiG weiterbeschäftigt.
Die Fiktion des § 24 BBiG tritt grundsätzlich erst dann, wenn der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter subjektive Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung hat. Es ist ausreichend, wenn der Ausbildende weiß, dass die erzielten Prüfungsergebnisse zum Bestehen der Abschlussprüfung ausreichen. Der Auszubildende trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Ausbildende ihn in Kenntnis der bestandenen Prüfung weiterbeschäftigt hat. Im Streitfall hat der Kläger ausreichend dargelegt, dass der Beklagte diese Kenntnis hatte. Die Ausbildungsleiterin C hat mit ihrem Schreiben deutlich gemacht, dass sie um die tatbestandsbegründenden Tatsachen wussten. Das Schreiben war mit dem Zusatz "der Landrat" verstehen und "im Auftrag" unterzeichnet. Dies deutet darauf hin, dass Frau C die Erklärung als Botin des Landrats abgegeben hat. Der Beklagte hat diese Indizwirkung des Sachvortrag des Klägers nicht entkräften können.