Freistellungserklärung des Arbeitgebers kann Verpflichtung zur Urlaubsvergütung begründen

Der Urlaubsanspruch ist nicht allein auf die Freistellung des Arbeitnehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung gerichtet. Das BUrlG verlangt darüber hinaus, dass die Zeit der Freistellung „bezahlt" sein muss. Aus diesem Grunde erteilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur dann wirksam Urlaub, wenn er ihm die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. Eine Urlaubserteilung ist vor diesem Hintergrund in der Regel so zu verstehen, dass der Arbeitgeber damit zugleich streitlos stellt, dass er für den gewährten Urlaub dem Grunde nach zur Zahlung von Urlaubsentgelt verpflichtet ist.

BAG v. 20.8.2019 - 9 AZR 468/18

Die Klägerin war bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Altenpflegerin fünf Tage in der Woche beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien sah einen Anspruch der Klägerin auf jährlich 28 Werktage Erholungsurlaub für eine 6-Tage-Woche vor.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31.5.2017. Die Beklagte erklärte daraufhin der Klägerin am 2.5.2017, dass sie im Mai nicht eingeplant werden würde und unter Anrechnung ihrer Überstunden und Urlaubsansprüche unwiderruflich frei stünde. Die Klägerin war der Ansicht, zehn Arbeitstage Urlaub aus dem Jahr 2017 als Urlaubsabgeltung von der Beklagten erhalten zu müssen. Diese vertrat die Auffassung, dass diese Urlaubstage bereits mit der Freistellung am Ende des Arbeitsverhältnisses abgegolten seien.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Klägerin wies das LAG zurück. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin blieb vor dem BAG ebenfalls erfolglos.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, weil die Beklagte durch die Freistellung am Ende des Arbeitsverhältnisses den Urlaubsanspruch der Klägerin erfüllte.

Bei einer seitens des Arbeitnehmers erklärten fristgemäßen Kündigung kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht Urlaub erteilen, ohne ihm vor Antritt des Urlaubs Urlaubsvergütung zu zahlen oder ihm diese zumindest vorbehaltslos zuzusagen. Der Klägerin stand zu Beginn des Jahres 2017 ein Anspruch auf 28 Werktage Urlaub zu, welcher bei einer Umrechnung auf die 5-Tage-Woche 23,33 Arbeitstage Urlaub entsprach und infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende Mai 2017 auf 9,72 Arbeitstage verkürzt war.

Der Klägerin steht dennoch keine Urlaubsabgeltung zu, da die Beklagte den Urlaubsanspruch der Klägerin aus dem Jahr 2017 aufgrund der Freistellungserklärung bereits erfüllt hat. Die Freistellung stellt eine sog. atypische Willenserklärung dar, deren Auslegung den Tatsachengerichten vorbehalten ist. Die vom LAG getroffene Auslegung, die Erklärung sei auf unwiderrufliche Freistellung gerichtet und ziele damit auf die Erfüllung des Urlaubsanspruchs der Klägerin ist damit nicht zu beanstanden. Die Erteilung von Urlaub kann auch dadurch geschehen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellt.

Die Freistellung der Klägerin erfolgte zudem unter der vorbehaltlosen Zusage, der Klägerin ein Urlaubsentgelt zu zahlen. Gewährt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Erfüllung seiner gesetzlichen und vertraglichen Pflichten Urlaub, ist davon auszugehen, dass er wirksam Urlaub gewähren will. Dies setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer entweder Urlaubsentgelt ausgezahlt wird oder ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Die Beklagte erteilte der Klägerin mithin Urlaub und stellte damit unstreitig, dass sie Urlaubsentgelt zu zahlen beabsichtigte.