LAG Hamm v. 24.7.2019 - 5 Sa 676/19
Die Klägerin arbeitet seit Juli 2010 bei der Beklagten im Hospital. Sie ist seit dem Jahr 2017 durchgehend erkrankt und konnte in diesem Jahr von dem ihr zustehenden Urlaubsanspruch 14 Tage nicht nehmen. Im November 2018 forderte die Klägerin die Beklagte zur Abgeltung des Urlaubs für das Jahr 2017 auf, was die Beklagte zurückwies.
Die Klägerin war der Ansicht, der restliche Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 sei nicht verfallen. Sie verwies dabei auf die BAG-Entscheidung vom 19.2.2019 (Az: 9 AZR 541/15). Ihr restlicher Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 sei schon deshalb nicht verfallen, da die Beklagte es unterlassen habe, die Klägerin rechtzeitig auf den drohenden Verfall hinzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage abgewiesen und hierzu ausgeführt, der Urlaubsanspruch der Klägerin sei aufgrund der weiterhin fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit auch unter Berücksichtigung der EuGH-Rechtsprechung (Vorabentscheidungsverfahren v. 6.11.2018 - C-684/16) am 31.3.2019 (also 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres des Entstehens) erloschen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb vor dem LAG ohne erfolglos.
Die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Kalenderjahr 2017 waren erloschen. Die Beklagte war nicht verpflichtet, die Klägerin auf einen möglichen Verfall hinzuweisen.
Soweit sich die Klägerin darauf berufen hatte, durch eine Rechtsprechung wie der des Arbeitsgerichtes würden arbeitsunfähige Arbeitnehmer schlechter gestellt als arbeitsfähige, konnte dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat nämlich insoweit verkannt, dass es sich bei einer Arbeitnehmerin, die längerfristig arbeitsunfähig erkrankt ist und einer solchen, die arbeitsfähig ist, um zwei in Bezug auf die Urlaubserteilung nicht vergleichbare Personen handelt, so dass eine unterschiedliche Behandlung noch keine Ungleichbehandlung oder Schlechterstellung darstellt, sondern vielmehr eine an den unterschiedlichen Lebenssachverhalten ausgerichtete Behandlung.
Ganz im Gegenteil zur Auffassung der Klägerin konnte die Beklagte die vom BAG (Urt. v. 19.2.2019, 9 AZR 541/15 u. 9 AZR 423/16) im Fall des Bestehens von Urlaubsansprüchen bei einer arbeitsfähigen Arbeitnehmerin verlangte Belehrung auch nicht erteilen, da diese dann unzutreffend gewesen wäre. Die Belehrung dahingehend, dass bestehende Urlaubsansprüche erlöschen, wenn diese nicht bis zum 31.12. des Kalenderjahres beansprucht werden, wäre im Fall einer langzeiterkrankten Arbeitnehmerin nämlich schlicht falsch, da diese im Fall der Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres erlöschen, aus dem sie resultieren. Die Frage eines früheren Erlöschens hätte sich erst wieder nach Genesung der Klägerin gestellt und sodann eine Belehrung der Beklagten erfordert. Hierzu ist es aber bisher nicht gekommen.
Nach BAG-Rechtsprechung seien die Anforderungen an eine "klare" Unterrichtung regelmäßig durch den Hinweis erfüllt, dass der Urlaub grundsätzlich am Ende des Kalenderjahres verfalle, wenn der Arbeitnehmer in der Lage gewesen sei, seinen Urlaub im Kalenderjahr zu nehmen, er ihn aber nicht beantragt. Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung würden den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung in der Regel nicht genügen. Damit soll sich die Belehrung durch den Arbeitgeber auf den konkreten Fall beziehen. Im Fall der Klägerin lag aber im Jahr 2017 kein Sachverhalt vor, aufgrund dessen ihr Urlaubsanspruch zum 31.12.2017 erlöschen würde.